Der Vorstand der SPD-Landesgruppe Ost im Deutschen Bundestag unterstützt den Vorschlag von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke zur Kandidatur von Jes Möller als künftigen Bundesverfassungsrichter. Dazu sagt Frank Junge, Sprecher der ostdeutschen SPD-Bundestagsabgeordneten:

„Schauen wir uns die Faktenlage in den neuen Bundesländern im 30. Jahr der Deutschen Wiedervereinigung an: Circa 17 Prozent der Bevölkerung leben auf 30 Prozent der Landesfläche, stellen jedoch gerade einmal 1,7 Prozent der Führungskräfte. Im Bereich Verwaltung und Justiz beträgt der Ost-Anteil etwa fünf Prozent. Dass Ostdeutsche in den Eliten unterrepräsentiert sind, ist hinreichend bekannt, geändert hat sich an dem Umstand bislang allerdings nichts. Diese klaffende Lücke sorgt bei vielen Menschen in Ostdeutschland nicht nur für verständnisloses Kopfschütteln, sondern lässt den Unmut über diese Ungerechtigkeit berechtigter Weise wachsen.

Nach der Wiedervereinigung mussten sich die Menschen in Ostdeutschland über Nacht in einem neuen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen System zurechtfinden. Damit einhergehend zahlreiche Herausforderungen: Unverschuldete Arbeitslosigkeit durch den Wegfall wichtiger Industrien und ein großer Bevölkerungsrückgang in vielen Regionen. Vor allem durch Verzicht und enorme Anstrengung haben viele Menschen diese Ungewissheiten gemeistert und sich quasi aus dem Nichts mühevoll etwas aufgebaut. Es wäre daher fahrlässig, wenn wir auf die ostdeutsche Expertise, mit Veränderungen und Umbrüchen umzugehen, verzichten würden. Und wir müssen dem Eindruck entgegenwirken, dass die Kenntnis von Besonderheiten Ostdeutschlands bei der personellen Besetzung öffentlicher Spitzenpositionen nicht berücksichtigt wird. Als Politik müssen wir aufgrund dessen an den Stellen, wo es möglich ist, Einfluss nehmen: In den Bundeseinrichtungen.

Wir begrüßen vor diesem Hintergrund die Kandidatur von Jes Möller als Bundesrichter ausdrücklich! Seine gebrochene Biografie und die Erfahrungen mit den Repressalien der SED-Diktatur schärfen seinen Blick auf das notwendige Funktionieren des Rechtsstaates. Fachliche Kompetenz hat er in der Vergangenheit mehrfach bewiesen, persönlich erfährt er viel Zuspruch.

Um das deutlich zu sagen: Es geht nicht darum, Ostdeutsche über eine Quote in Amt und Würde zu bringen. Das halten wir für falsch. Eine Quote manifestiert Unterschiede zwischen Ost und West. Das kann niemand ernsthaft wollen, der die Wende vollenden will. Wie in vielen anderen Punkten auch geht es schlicht darum, die Leistungen ostdeutscher Biografien anzuerkennen.“

Ansprechpartnerin: Christiane Abig
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